Wenn es mal hapert damit, seinen (kleinen) Mann zu stehen

1. Januar 2022 Aus Von Lilith

 

 

Dies ist kein dezidiertes FLR-Thema. Es ist ein grundsätzliches Thema im erotisch-sexuellen Bereich von Beziehungen. Glücklicherweise sind die Zeiten vorbei, in denen ‚klar‘ war, dass es bloß klappen muss mit der Standfestigkeit. Der Kleine steht, Mann tut seine Pflicht, Frau ist zufrieden, Mann ist glücklich. Happy wife, happy life. Von wegen! Schon allein die Erregungskurven von Mann und Frau sind so verschieden, dass das o.g. Rezept allzu oft nicht klappt.

Die Folge? Mann steht zunehmend unter Druck, weil er das ‚Problem‘ an der Fähigkeit festmacht, die Erektion möglichst lang zu halten. Klappt das nicht nach Wunsch, steigt der Druck, das Durchhaltevermögen schwindet mehr und mehr und ihm ist klar, dass die Schuld bei ihm liegt. Teufelskreis nennt man das.
Der Lady geht es auch nicht anders, allerdings aus anderen Gründen. Sie ist enttäuscht, weil er schneller ‚fertig‘ ist und ihre Erregungskurve dann auch abkippt. Sie fragt sich, wieso sie nicht schneller ‚kommen kann‘. Sie muss doch einen Orgasmus haben, damit er glücklich ist. Sie bemüht sich mehr und mehr – die Folge ist, dass sie sich völlig verkrampft und irgendwann nichts mehr geht. Und ihr ist klar, dass es an ihr liegt. Teufelskreis nennt man das.

In einem Forum stellte ein Mann einmal eine diesbezügliche Frage und überlegte, ob nicht Cuckolding eine Möglichkeit wäre sich zu behelfen. Ich möchte hier posten, was ich darauf antwortete:

Hallo, @Suchender:

Ich kann sehr gut verstehen, dass dich dein Problem belastet. Welchen Mann würde das nicht belasten. Und welche Partnerin. Aber der Grund dafür, DASS es belastet, liegt im Kopf.
Wir alle sind durch das Modell geprägt, dass eine Beziehung nur klappen kann, wenn Mann im Bett seinen Mann steht und seine Lady befriedigen kann.
Das heißt, er bemüht sich, ’standhaft‘ zu sein und ihr Lust zu bereiten (wenn er nicht nur auf eigene Befriedigung aus ist, was ich hier jetzt mal ausklammere) und sie erwartet genau das von ihm, weil es ’so sein muss‘.
Und wenn das mal, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr klappt, stellt man den ganzen Beziehungsanteil Sexualität infrage und daraus in Folge möglicherweise die ganze Beziehung, denn das strahlt natürlich auf alle Ebenen aus. Wer aber sagt, dass es genauso sein muss und nicht auch anders sein kann?
Um da den Blick zu verändern, ist es nötig, aus dem Denkschema auszubrechen.

• Es gibt so vielfältige Methoden, der Lady Lust und Befriedigung zu bereiten, auch wenn der ‚Kleine‘ mal eine Auszeit braucht.
• Es gibt ebenfalls vielfältige Methoden, selbst Lust zu empfinden, selbst wenn es mal mit dem Stehvermögen nicht mehr so klappt. Für mich war es zum Beispiel sehr überraschend zu erleben, dass der ‚kleine Rolf‘ auch überlaufen kann, wenn er nicht gerade steht.
• Es wird viel zu sehr der ‚Erfolg‘ an genau dieser Standfestigkeit festgemacht und ein viel wesentlicherer Aspekt vergessen: ZÄRTLICHKEIT. Zumindest wird dieser nicht derselbe Stellenwert beigemessen. Ich jedoch sehe den Stellenwert der Zärtlichkeit an wesentlichster Position. Wo Liebe und Zärtlichkeit unter ‚ferner liefen‘ rangieren, wäre für mich die sexuelle Begegnung per se schon nicht befriedigend, selbst wenn Rolf einen Dauerständer hätte. Mit dem kann er sich dann selbst beschäftigen.
• Für mich ist Sexualität ungemein befriedigend, wenn wir voller Zärtlichkeit uns einander zuwenden, spielerisch necken, uns streicheln, küssen, berühren (überall!), beieinanderliegen und einander im Fokus haben. Und wenn wir das Bedürfnis nach Orgasmus haben (und das ist durchaus nicht immer), dann bereiten wir uns den. Manchmal selbst, manchmal gegenseitig.

Es ist keineswegs so, dass es von Anfang an so war. Wir waren auch in der ’so-muss-es-sein‘-Denkfalle. Aber wir sind in einem Alter, wo sich normalerweise die (physische) Aktivität in der unteräquatorialen Region verlagert. Wir mussten auch nach und nach den Weg aus Versagensängsten und daraus resultierenden Verlustängsten (tatsächlich – darum geht es ja im Kern) finden.
Und natürlich kommen entsprechende Gedanken immer mal wieder. Aber inzwischen haben wir ‚das-was-ist‘ angenommen und es ist ungemein erleichternd. Wir haben Freude aneinander – der Rest ist, wie er ist.

Wenn es diesen Erwartungsdruck nicht gäbe, der durch Filme, Werbung, Erziehung, Normvorgaben und was auch immer, befeuert wird, käme niemand auf die Idee, irgendetwas tun zu müssen, DAMIT … was auch immer. Man würde einfach nach innen und zum anderen hinspüren und spielerisch wie Kinder Freude aneinander haben. Nicht wahr?

Ich wünsche dir sehr, dass es euch gelingt, da auch einen Weg zu finden. Es nimmt ungemein den Druck heraus. Habt Freude aneinander, dann sind Gedanken an Cuckolding und andere ‚Ausweichmanöver‘ Geschichte.

Grüße deine Lady von mir.