Hast du den Mann beim Schwanz … ?????

1. April 2019 Aus Von Lilith

Ein sehr provozierendes Zitat ziert die Rückseite meines Buches:

Hast du den Mann beim Schwanz, hast du ihn ganz

„Wie bitte? Was soll das denn heißen? Und falls das überhaupt stimmt: Sollte es für Frau so einfach sein? Und was heißt … hast du ihn ganz? Wieieie ganz … nö, oder? Sagen kann man viel, aber … !“ Diese Reaktion ist eher von Frauen zu erwarten.

Männer dagegen würden mehrheitlich vermutlich sagen: „Jooaar … könnte sein.“

Ein Satz kann von jeder/m verschieden verstanden werden. Deshalb möchte ich erklären, wie ich selbst diesen Satz verstehe. Dabei erwarte ich nicht, dass alle meine Sichtweise teilen, sondern möchte lediglich meine Sicht darstellen. Den Leser/Innen bleibt weiterhin überlassen, wie sie diese Aussage verstehen wollen.

„Hast du den Mann beim Schwanz, hast du ihn ganz!“

Ich möchte hier ein wenig in die Vergangenheit wandern und eine Erfahrung teilen:

Als ich ungefähr 18 Jahre alt war, kamen zwei Begriffe auf, die eine uralte Praxis beschrieben, die vorher keinen besonderen Namen hatte. Zumindest nicht in meiner Wahrnehmung:

Necking und Petting *

Ersteres war gewissermaßen erlaubter als letzteres, denn es sparte den Bereich aus, an dem man eigentlich am meisten interessiert war: die Genitalien und bei Mädchen die Brüste, wobei diese nicht ganz so tabu waren, weil unauffälliger erreichbar. Necking-Erfahrungen hatte ich durchaus gemacht, Petting war noch ein Fremdwort für mich. Mit einer Erziehung, die schon früh lehrte, dass man DORT nicht hinfassen sollte, war auch eine Hürde geschaffen, die schon den Gedanken an SOWAS sündhaft erscheinen ließ.
Und dann kam der Tag, an dem mich mein erster Freund Carl besuchte und wir, dank der Abwesenheit beider Erziehungsberechtigter und der Lage meines Zimmers unterm Dach, damit rechnen konnten, längere Zeit ungestört zu sein. Und selbst, wenn jemand die Treppe erklommen hätte, wären wir rechtzeitig gewarnt worden, da dankenswerterweise fast jede Stufe in dem alten Haus knarrte.
Irgendwann war die Grenze zwischen Necking und Petting überschritten und wir lagen nackt beieinander. Es war aufregend und irgendwie unerhört. Ich traute mich nicht mal, richtig hinzuschauen, daher war die Aufforderung Carls: „Magst du mal anfassen?“ fast ein Schock für mich. DAS anfassen? Wirklich anfassen?
Seine Hände auf meinen Brüsten erschreckten mich nicht, aber das … ? Doch schließlich siegte die Neugier und ich fasste ES an. Ich war absolut fasziniert davon, wie weich und verletzlich es dort war.
Mehr geschah eigentlich gar nicht, aber ich war mir in meinen Leben noch nie so verrucht vorgekommen, wie in diesem Moment. Hätte ich damals schon gewusst, was ich heute weiß, hätte mich Carls Bitte kein bisschen gewundert – und ich hätte mich nicht geziert, dieses Objekt meines Interesses gründlich zu erkunden.

Was jetzt kommt, ist natürlich bis zu einem gewissen Grad verallgemeinernd. Das geht gar nicht anders, wenn man ein Prinzip erklären will:

Ich würde mal behaupten, dass die meisten Männer in heterosexuellen Beziehungen (in anderen wahrscheinlich auch) es gern haben, wenn ihre Partnerin ihr Gemächt nicht nur als Lustspender betrachtet, sondern auch als Spielzeug. Als etwas, das man gerne berührt, mit dem man spielt, so wie Männer selbst gerne damit spielen. Immer vorausgesetzt diese Gegend ist gepflegt und sauber. Tut es die Frau, ist es spannender, denn Mann weiß ja nicht, was als nächstes kommt. Und Frauen sind dabei mit Sicherheit phantasievoller zugange als die Männer selbst, zumindest diejenigen, die es tatsächlich tun. Es ist ein wunderbares Spiel vor allem dann, wenn die klare Absprache besteht, dass Ejakulieren dabei tabu ist. Dann hat die Frau ein tolles Instrument für tease and denial. **

Dies betrifft den physischen Bereich. Es gibt aber noch eine ganz andere Ebene:

Wie andernorts schon erwähnt, haben viele Männer Probleme mit der Scham, so zu sein. Das meint, dass man ihnen zugesteht, halt geile Tiere zu sein, die nicht anders können und eben ihre Triebe ausleben müssen. Frauen dagegen …
Das sitzt sehr tief. Darin liegt eine der Ursachen für die abfällige Weise, in der Frauen oft über Männer reden. (Ich spreche jetzt nicht von übergriffigen und missbrauchenden Männern, deren Verhalten natürlich indiskutabel ist. Ich meine einfach Männer im allgemeinen.) Und die Stelle, um die es sich dabei dreht, ist eben das Gemächt. In gewisser Weise fühlen sich Männer diesem Ding ausgeliefert, das zur Unzeit ein Eigenleben entwickeln kann oder ihre Aufmerksamkeit abzieht, wenn sie es am wenigsten brauchen können. In der Jugend mehr, im Alter weniger, aber durchaus auch dann noch.

Es gibt ein köstliches Cartoon von F.K.Wächter, welches das liebevoll karikiert:

„Kasperle, Kasperle, was machst du mit mir?“ (bis zum 16. Cartoon nach unten scrollen)

Frauen wiederum haben häufiger genau in diesem Zusammenhang Unangenehmes erlebt, sind genervt von lieblosem Sex oder hatten eine asexuelle Erziehung, was auch heute noch – und in manchen Gegenden der Welt wieder vermehrt – erschreckend häufig ist. Diese kommen wohl nicht unbedingt auf die Idee, mit Penis und Hoden ihrer Partner vergnügliche Spiele zu veranstalten. Und dadurch setzen sich Frauen, die Männer für ihre Sexbezogenheit verurteilen (und mehr oder weniger hat die jeder Mann, zumindest mehr als in der Regel Frauen),  über die Männer, ohne das wirklich zu realisieren. Denn wenn ich jemanden für etwas verurteile, bin ich ja dann nicht so, sondern eben in dem Punkt, den ich verurteile, besser.

Das heißt in der Kurzformel:

Frau ist beherrscht und erhaben über Geilheit

Mann ist triebhaft und geil

Damit sind die Frauen fein heraus. Sie können sagen: „Da kann ich nichts machen. Die sind halt so. Und wenn sie gar nicht anders können, müssen sie halt ins Bordell, zur Domina oder dorthin, wo sie den Überdruck sonst loswerden können.“ Wenn es um Männer im allgemeinen geht.
Geht es um den eigenen, wird’s schwieriger. Frau ist selbstverständlich der Meinung, dass er ja jetzt sie hat und sie natürlich eine Expertin in Sachen Sexualität ist. Sie geht davon aus, dass er von diesem Moment an keinerlei Gedanken, Wünsche oder Sehnsüchte mehr in solche Richtungen hat.
Doch das ist ein Irrtum. Die meisten (Ehe) Frauen wären bass erstaunt, wenn sie die Kopfkino-Filme ihrer Partner betrachten könnten. Und ich behaupte mal, jeder Mann hat die. Je langweiliger der Sex und die Erotik in der Beziehung, je heftiger.

Wo aber liegt nun der Knusus Knaxus hierbei?

So leid es mir tut, aber der liegt bei uns Frauen. Damit ist nicht der Zeigefinger gemeint, der auf die Frauen zeigt und meint: „Ihr seid schuld!“ Niemand ist schuld an solchen Dingen. Es ist nur so, dass unsere ganze Erziehung und unsere Gesellschaft nicht so beschaffen sind, dass Frau oder Mann diese Dinge wie selbstverständlich lernen. Es ist einfach Unwissenheit. Doch die gute Botschaft lautet: Dem kann man abhelfen. Man muss sich nur informieren.

Gemeint ist, dass die Frauen sich dessen bewusst werden müssen, dass die Männer die Geilheit nicht gepachtet haben. Frauen haben sie auch. Allerdings sagt man ihnen schon seit Generationen, dass sie sie gefälligst nicht zu haben hätten. Im viktorianischen Zeitalter waren Männer entsetzt, wenn sie eine Frau erwischt hatten, die beim Sex Lust verspürte. Anständige Frauen hatten Sex nur zu dem Zweck zu haben, Kinder zu empfangen. Für die Lust suchten Männer Bordelle auf oder sie nahmen sich eine Geliebte. (Ja, ja, sicher gab es auch andere Männer. Aber das war damals die gesellschaftliche Norm)

Das führt zu folgendem Bild:

Frau ist beherrscht und erhaben über Geilheit

Frau kann auch triebhaft und geil sein

Mann ist triebhaft und geil

Wenn eine Frau die verschütteten animalischen Anteile in sich anerkennt und (wieder) integriert, wird sie automatisch nicht mehr auf die entsprechenden Anteile des Mannes herabschauen und ihn dafür verurteilen. Dann – und erst dann – kann sie sich damit seiner Triebe an- und ihn lustvoll beim Schwanz nehmen. Sie ergreift sozusagen das Zepter ihrer weiblichen Macht und setzt die Regeln. Und der Mann gibt sich gewissermaßen in die Hand der Frau. Sie ist die Herrin, er fühlt sich sicher in ihrer Hand.

Und dann sieht das Bild so aus:

Frau ist beherrscht und erhaben über Geilheit

Mann fühlt sich den unbeherrschten Anteilen nicht mehr ausgeliefert, er fühlt sich gewissermaßen zu Hause

Frau kann auch triebhaft und geil sein

Mann ist triebhaft und geil

Und jetzt wiederhole ich den Satz:

Hast du den Mann beim Schwanz, hast du ihn ganz

Erst wenn ich als Frau durch den oben genannten Prozess gegangen und dem Mann auf dieser unteren Ebene begegnet bin, können wir uns auf gleicher Ebene begegnen. Dann fühlt sich der Mann in seiner Ganzheit angenommen und überlässt sich gern der Führung durch die Frau. Ich nehme ihn dann bildlich gesprochen (und dann natürlich auch konkret) beim Schwanz und schaue nicht verurteilend auf seine geilen Anteile herab, die ( nicht nur!) ihm natürlicherweise buchstäblich in den Schoß gelegt sind.
Wenn ich also meine eigenen entsprechenden Anteile nehme und akzeptiere und damit selbt erst ganz bin, habe ich auch den Mann erst ganz. Wobei damit nicht gemeint ist, dass ich einen Partner habe, also besitze. Das nur der Vollständigkeit halber.

Und ganz praktisch:

Wenn eine Frau diesem Teil ihres Partners keine Aufmerksamkeit widmet oder ihn gar ablehnt oder unschön, womöglich sogar eklig findet, lehnt sie den Anteil an/in ihm ab, in dem seine Männlichkeit vor allem verankert ist. Ich habe mehr als einmal erlebt, dass ein Mann nach dem ersten Mal scheu fragte: „Findest du ihn schön?“ Ich konnte immer wahrheitsgemäß bejahen, denn ich finde (saubere!!!) Gemächte schön und faszinierend. Ich lasse ihnen gerne Aufmerksamkeit und Zuwendung zuteil werden. (Inzwischen geht es nur noch um ein Gemächt, denn ich bin absolut monogam. Und ich LIEBE es.)
Dem Gemächt des Mannes entspricht in etwa die weibliche Brust. Alle Frauen wissen, wie Männer auf Brüste stehen. Und sie nutzen das durchaus bewusst aus. Wie würde sich wohl eine Frau fühlen, wenn sich ein Mann beim Anblick ihrer Brust abwenden und sagen würde: „Ich fass das nicht an. Es ist hässlich und unangenehm schwabbelig.“? Umgekehrt erleben aber Männer genau sowas immer wieder. Hier!

Also, Frauen, macht euch vertraut mit dem faszinierenden Werkzeug eurer Macht und vor allem: Nutzt es!

Eine funktionierende FLR-Beziehung kann ich mir ohne Schwanz in der Hand im genannten Sinn gar nicht vorstellen.

Shiva Lingam
mit Yoni

pixabay – SandeepHanda


Es gibt noch weitere Beziehungsebenen bis hin zu tantrisch-spirituellen Beziehungen. Doch das soll hier nicht Gegenstand der Betrachtung sein. Bevor man Beziehungen im obengenannten Sinn nicht geheilt hat, braucht man sich um spirituelle Beziehungsebenen gar nicht zu bemühen. Es würde nicht funktionieren.

*Necking:  Austausch von Zärtlichkeiten und sexuelle Stimulation ohne die Genitalien zu berühren
*Petting: Alle sexuellen Handlungen, jedoch ohne Penetration
Im Prinzip könnte man das Vorspiel als Necking und Petting bezeichnen.

** tease and denial: erregen und verweigern